„Es werden Wunder wahr, glaubst Du daran.“ sangen schon Jasna Iuir und Heike Gentsch, als sie 1998 aus dem ägyptischen Pharaonenreich von Ramses II. flohen. Zwei solcher Wunder trugen sich am 29. Mai in der ((szene)) Wien zu: SQUIRRELS WITH LIGHTSABERS standen nach fünf Jahren Abstinenz wieder auf Wiens Kulturbrettern und ich turnte wieder mal mit einer Kamera auf einem Konzert herum. Mit dabei: HOPE LIGHTS FIRE und STESY.
Und es war… komisch. Aber auch schön. Komisch hauptsächlich aufgrund des fetten Babyelephanten, der nach wie vor im Raum steht: Der allseits beliebte SARS-CoV-2, vulgo „des g’schiss’ne Coronaklumpat do!“ Ja, die Kulturszene erwacht aus ihrem Zwangswinterschlaf (und Sommerschlaf und Herbstschlaf und beinahe 2 x Frühlingsschlaf) und stemmt dabei die gesamten Sicherheitsauflagen vorbildlich. Metalcore im Sitzen, mit Negativtest, Maske und – aufgrund der Konsumeinschränkungen in der Konzerthalle – großteils nüchtern.
Schön hauptsächlich aufgrund der wunderbaren Bands, die trotz sitzplatzbedingt ausbleibenden Moshpits die Energielevels des Abends wacker hochhielten. Von „Abend“ kann man ja eigentlich fast nicht sprechen. Die frühe Sperrstunde um 22 Uhr verlangte nach einem Einlass um 17:30 und setzte ein hartes Ende gegen 21:30. Somit ließ sich der „Club Core“-Abend, wie er STESY-seitig beworben wurde, schon fast als PVÖ-taugliches Matinée klassifizieren. Für mich mit frischen 30 und ersten grauen Haaren an den Schläfen ist das ganze überraschend angenehm. Altersgerechter Sitzplatz, nicht z’viel mit den hinigen Gelenken und osteoporösen Popo wackeln, früh ins Bett und am nächsten Tag kein Gnackweh ob des übermäßigen Headbangens – das hat seinen Charme, geb‘ ich offen und ehrlich zu.
HOPE LIGHTS FIRE
Grund für Headbangexzesse hätt‘ es allerdings genug gegeben. So hauten schon die Opener, HOPE LIGHTS FIRE, mächtig in die Trommelfelle. Gepflegter, moderner Metalcore mit etwas Elektronik in den Breakdowns und genug Chuggachugga-Riffs um eine Lok der Achenseebahn anzutreiben. Hervorhebungswürdig ist das Clean-Clean-Harsh-Wechselspiel zwischen Alex Knaak (Voc.) und Dominik Bieberle (Guit./Voc.) Sollte man jedenfalls im Aug behalten und das Video zu „Plastic Grave“ ist auch einen Abstecher wert.
SQUIRRELS WITH LIGHTSABERS
Einen Abstecher ist auch SQUIRRELS Sithlord Darth Christian wert. Zumindest wenn es nach Eichhörnchenjedi Patrik geht, der bei jedem Lichtschwertduell alle Register zieht und gerne mal auf lebenswichtige Organe losgeht. Dem Kampfgeschick merkt man die Auszeit von etwas mehr als fünf Jahren ebenso wenig an, wie dem musikalischen Talent der Truppe. Die Jungs sind agil wie Anno 2016, auch wenn sich Brüller Patrik bei den Proben fast die eingerosteten Gelenke verrissen hätte. Mit alten und neuen Songs und einem neuen Gitarristen, Lorenz, im Gepäck wurde die Bühne in einer weit, weit entfernten Galaxis in Simmering gebührend abgestaubt.
Unterstützung bekamen die SQUIRRELS WITH LIGHTSABERS da zeitweise von SQUIRREL without lightsaber und mittlerweile STESY-Sännger Chris, der bei „Washed Away“ zum 3. Mikro griff und dem Publikum einen Vorgeschmack auf seine Rampensauqualitäten bot.
Nach acht Songs war der Teaser für Episode V leider auch schon wieder vorbei und als bekennendem SQUIRRELS-Fan bleibt mir nur eins: Episode IV rauf- und runterhören und warten bis das neue Album dropped. Zahts an, Burschen!
STESY
Na prack. STESY zu beschreiben ist schwer. Der Elektrocore – oder titelgebender „Club Core“ – geht irgendwo in die Richtung BROKENCYDE, hat aber die Emofrisur und einen Großteil des Cringefaktors daheim gelassen und stattdessen bei DEICHKIND die Garderobe geplündert. Showtechnisch sind die Herren eine Extraklasse, nicht nur aufgrund der ansprechenden Bühnengadgets. Musikalisch ist das Hauptmaterial auch äußerst hörenswert und bietet – ähnlich zu HOPE LIGHTS FIRE – eine solide, moderne Variante von elektrifiziertem Metalcore.
Bei Coversongs, ähm „Neuinterpretationen“, vom „Sailor Moon“ Titeltrack oder BLÜMCHENs „Boomerang“ vermisse ich im Sitzen allerdings doch die Möglichkeit, mein Geldtascherl leerzusaufen. Frei nach dem Motto: „Man kann auch ohne Alkohol Spaß haben, mit gehts allerdings besser.“ Dem Publikum hat der LED-gespickte Partycore trotzdem den Samstagabend versüßt. Wer sich noch entscheiden möchte, ob STESY auch nüchtern oder nur illuminiert einen Gigbesuch wert sind, kann sich das Diptychon „Sapphire“ und „Boomerang“ zu Gemüte führen. Ich kenne meine Antwort und warte auf meine COVID-Vollimmunisierung.
1 thought on “The Squirrels Strike Back! – SQUIRRELS WITH LIGHTSABERS in der ((szene)) Wien”